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Channel: Kommentare zu: I Am A Woman Now – Jeanne Lessenich
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Von: Jeanne Lessenich

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Liebe Agnes,
ja Du hattest mich ein wenig getriggert und ich habe daran gemerkt, wie nahe doch die Dämonen der Vergangenheit sind. Ich denke wir schleppen sie alle mit uns herum. Heute bin ich hin und her gerissen zwischen „Free Bradley Manning“ und der Freude über das Verfassungsgericht Urteil zu Homo Ehe. Beide Dinge die scheinbar nichts miteinander zu tun haben, aus der Sicht des großen ganzen aber irgendwie doch miteinander zu tun.. Wie sagtest Du?

„ob wir uns einen Gefallen tun, wenn wir darauf einsteigen, stückchenweise um Emanzipation zu kämpfen. Eher sollte es, finde ich, um alles gehen, um den ganzen Kuchen, um eine gerechte Gesellschaft. Ist das queer?“

Ich denke: Ja das ist Queer. Es ist das was ich darunter verstehe. In meinen Augen ist das Queer.

Ich kam in den Siebzigern zur Frauenbewegung durch einen Aufenthalt mit meiner Freundin Gray in der Mohawk Reservation, am Saint Lorenz Strom. Die Reservation erstreckt sich auf beiden Seiten des Stroms von der US Seite auf die Kanadische. Die damalige Zeitung des Widerstandes des American Indian Movements, Die „Akwesasne Notes“ wurde dort herausgegeben. Dort erfuhren Grey und ich, wie die Situation der Frauen der Natives und First Nations in USA und Canada ist. Wir erfuhren von den Zwangssterilisierungen die von der Amerikanischen Regierung ausgehend über das Büro für Native Angelegenheiten vorgenommen werden? Und wurden. Wir erfuhren von dem rechtsfreien Raum der Vergewaltigungen an nativen Frauen von Weißen ermöglichte. Da diese wenn sie auf Reservatsboden begangen nicht unter die Gesetze der USA fielen. Aber native Rechtssprechung nur für Native gilt und weiße vom nativen Recht nicht betroffen sind. Das man so eben als weißer ungestraft native Frauen vergewaltigen durfte.

Die rechtliche Situation wurde erst in diesem Jahr nach langen Kämpfen durch die Obama Administration gegen den Widerstand der Republikaner geändert.

All dies brachte mich und Grey dazu nach unserer Rückkehr einer Düsseldorfer Frauengruppe beizutreten und in der EMMA einen Artikel über die Zwangssterilisierung nativer Frauen unterzubringen. Ich verdanke es im übrigen der Fürsprache Greys, dass die Frauengruppe mich aufnahm.

Ich glaube dass wir diese Gesellschaft nur Stückchenweise verändern können aber dabei nie das GANZE aus den Augen verlieren dürfen. Es ist halt nicht gut, wenn in einem Land wo wir Stück für Stück gleichgestellt werden, gleichzeitig Menschen aus rassistischen Gründen diskriminiert werden. Und in lesbischen Gruppierungen unterschiede, zwischen so genannten „deutschen“ und Frauen „ausländicher Herkunft“ (was für ein Sprach Ungeheuer) gemacht werden. Überhaupt die offensichtliche Hierarchisierung der LGBT Szene spiegelt ja wiederum nur unsere patriarchale Gesellschaft. Und es ist diese Tendenz, die uns offensichtlich innewohnt zu hierarchisieren. Die wiederum zur Gruppenbildungen führt die dann andere Gruppen ausschließen. Und dabei beißen die letzten die Hunde. Es ist kein Zufall das Trans* und Intersexuelle sich nicht unbedingt von den schwulen Verbänden Vertreten fühlen. Es ist diese verinnerlichte Heteronormativität die aus intersexuellen und Trans* auch in der LGBT Szene die am Katzentisch sitzende macht. Bei dem seit gestern auf Facebook kursierenden Waldschlösschen-Appel-gegen unwidersprochene Homophobie der Medien kommt Trans*phobie auch wieder nicht drin vor. Auf der anderen Seite erschreckt mich das viele junge Transfrauen gerade es genießen in der sexuell aufreizenden Form dargestellt werden und in manchen depri Momenten frage ich mich doch sind sie nicht doch die Ausgeburten einer Männerphantasie. In diesem Zusammenhang denke ich dann Johanna Russ Science Fiction Roman „The female Man“ auf deutsch „Eine Weile entfernt“*

Was nun mein lesbisch sein betrifft möchte ich in abgewandelter Form die indigene lesbische politische Aktivistin von der Mohawk Nation aus dem Grand River Reservat in Ontario Canada, Beth Brant zitieren: „Als Lesbe sieht mich die dominante Hetero Zivilisation als sexuell ungehemmtes Wesen. Als Trans* Lesbe existiere ich erst gar nicht in der dominanten Hetero Gesellschaft.*
Dies wird deutlich da ich auf dem Lande lebe und abgesehen davon in der dominanten Gesellschaft Sex in meinem Alter sowieso in der Wahrnehmung nicht existiert. Und erst recht nicht eine Form der Sexualität die sich lesbisch nennt und noch weniger wenn die Person Trans* ist. Wir haben schon darüber gesprochen im Zusammenhang mit der TTT Besprechung von „I am Woman now“.

Wenn Balian Buschbaum sagt, wie Du in deinem Beitrag zitierst, das er immer schon Hetero war so ist das bei mir genau so ich war immer schon lesbisch. Obwohl meine damaligen Sex Partnerinnen glaubten mit einem Hetero Mann zu schlafen. Das Geheimnis von Trans* ist man war immer schon Trans* niemals Mann oder Frau. Ich rede hier vom sozialen Geschlecht. Nicht vom genitalen. Das wird ja in den Diskussion ja immer verwechselt. Um es in mit einem Beispiel zu verdeutlichen, was in „I am a Woman now“ sehr deutlich wird April Ashley wurde von der dominanten Gesellschaft als süsser schwuler begriffen, aber als Trans* war sie schon immer Hetero. Ich würde es mal so ausdrücken, wir werden als Trans* geboren und als Trans* und wandeln (nichts anderes beinhaltet das Wort Trans*) wir zu dem was unser Sein bestimmt. Es ist kein Wunder das die Nativen Kulturen im Südwesten der USA für uns das Bild der Schmetterlinge und der Libelle benutzen.

• Beth Brant. Writing as Witness, Essay 1994, ISBN 0889612005 http://de.wikipedia.org/wiki/Beth_Brant Das von mir benutzte Zitat lautet im Orihinal: „As a lesbian, I know that the dominant culture only sees me as a sexually uninhibited creature. As a Native lesbian , I know the dominant culture does not see me at all“.
• Joanna Russ, „Eine Weile entfernt“. Ariadne SF Social Fantasies, Argument Verlag Eppendorfer Weg 95a, 20259 Hamburg ISBN 3-88619-959-2


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